Umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage bei Rabatten im Punktsystem

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einer aktuellen Entscheidung vom 16.01.2020 (V R 42/17) dazu Stellung genommen, ob und ggf. wie die umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage bei Rabatten im Punktsystem zu ändern ist.

Tatbestand im Besprechungsfall

Die klagende B-GmbH ist u.a. auch im Einzelhandel tätig. Die A-Card ist ein Bonus- und Rabattsystem der Firma A-Card GmbH, welche die A-Card als Herausgeberin und Vertragspartner der Kunden betreut und organisiert sowie als Dienstleisterin der Partnerunternehmen tätig ist. Die B-GmbH hingegen ist auf Großhandelsebene Partnerunternehmen (Vertragspartner) der A-Card GmbH. Kunden, welche Inhaber einer A-Card sind, können bei der B-GmbH umsatzabhängige Punkte bei ihren Einkäufen sammeln. Dazu müssen diese Kunden zunächst einen Vertrag mit der A-Card GmbH über die Eröffnung eines Punktekontos abschließen. Der Kunde erhält dann bei Vorlage seiner A-Card bei einem Einkauf bei der B-GmbH entsprechend dem getätigten Umsatz Punkte, wobei ein Punkt einen Cent wert ist. Diese Punkte werden dann von der A-Card GmbH für jeden einzelnen Kunden auf seinem Punktekonto gutgeschrieben. Der Kunde kann die erworbenen A-Card-Punkte u.a. bei einem weiteren Einkauf in einem Markt oder bei einem weiteren Partnerunternehmen der A-Card GmbH einlösen (sog. „instore redemption“). Die Abrechnung der gesammelten und eingelösten Punkte der Kunden zwischen der B GmbH und der A-Card GmbH erfolgte durch die A-Card GmbH als Systemanbieter in einem monatlichen „Punkteclearing“ gegenüber der B GmbH, und zwar ohne Ausweis von einer Umsatzsteuer. Die Leistungen der A-Card GmbH, z.B. für die Ausstellung der Karten und die Führung der Kundenkonten, wurden separat mit der B GmbH als umsatzsteuerpflichtige Leistungen abgerechnet. Die B GmbH erklärte die für ihre Kunden bei deren Einkäufen ausgegebenen A-Card-Punkte und den entsprechenden im „Punkteclearing“ ermittelten für einen Abrechnungszeitraum geschuldeten Betrag jeweils auf Grundlage der Abrechnungen der A-Card GmbH umsatzsteuerlich als Entgeltminderung. Das Finanzamt erkannte die Entgeltminderungen nicht an und behandelte diese als umsatzsteuerrechtlich unbeachtlichen Werbeaufwand. Das Finanzgericht (FG) gab der B GmbH recht, der BFH sah dies teilweise anders.

Änderung der Bemessungsgrundlage im Besprechungsfall

Ändert sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz, hat der Unternehmer, der den Umsatz ausgeführt hat, den dafür geschuldeten Steuerbetrag zu berichtigen. Die erforderlichen Berichtigungen sind für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem die Änderung der Bemessungsgrundlage eingetreten ist. Vorliegend hat sich die Bemessungsgrundlage geändert, und zwar erst im Zeitpunkt der tatsächlichen Inanspruchnahme des Rückgewähranspruchs durch den Kunden beim „zweiten Umsatz“. Bemessungsgrundlage war das vollständige von den Kunden entrichtete Entgelt, weil die B GmbH das ungeschmälerte Entgelt vereinnahmt hat. Die Ausgabe der A-Card-Punkte im Zeitpunkt dieses Umsatzes hatte schon deshalb noch keinen Einfluss auf die Bemessungsgrundlage, weil die Kunden über den Gegenwert der erworbenen Punkte erst frühestens am Folgetag verfügen konnten. Zu einer Änderung (Minderung) der Bemessungsgrundlage ist es in den Fällen, in denen die Kunden durch einen „zweiten Umsatz“ von ihrem Rabattanspruch Gebrauch gemacht haben („instore redemption“), gekommen. Denn zur Gewährleistung der steuerlichen Neutralität als endgültige Besteuerungsgrundlage ist bei Lieferung eines Gegenstands nur die tatsächlich dafür erhaltene Gegenleistung anzusehen. Entscheidend für die Bestimmung der Bemessungsgrundlage und damit auch für deren Änderung ist, dass die Leistung des Unternehmers „letztendlich“ nur mit der Bemessungsgrundlage besteuert wird, die sich aufgrund der von ihm wirklich vereinnahmten Gegenleistung ergibt. Deshalb ist die Steuerbemessungsgrundlage immer dann zu vermindern, wenn der Steuerpflichtige nach der Bewirkung des Umsatzes die Gegenleistung oder einen Teil davon nicht erhält. So ist es in den Fällen der „instore redemption“, denn der B GmbH verbleibt dabei im Ergebnis nur das um 0,5 % reduzierte Entgelt.

Die Minderung der Bemessungsgrundlage ist noch nicht mit dem Erwerb des Rückgewähranspruchs durch den Kunden am Folgetag des „ersten Umsatzes“ eingetreten. Es handelt sich bei der Buchung des Rückzahlungsanspruchs auf der A-Card nicht um die (teilweise) Rückzahlung des Kaufpreises, sondern erst um die Dokumentierung des Rückzahlungsanspruchs, der auch nur gegenüber einer zwar umfangreichen, aber doch begrenzten Zahl an Vertragspartnern geltend gemacht werden kann. Eine Erfüllung des Rückzahlungsanspruchs liegt deshalb zu diesem Zeitpunkt noch nicht vor. Die Minderung der Bemessungsgrundlage ist aber nicht bereits mit dem „Punkteclearing“, sondern erst mit der tatsächlichen Inanspruchnahme des Rabatts durch den Kunden beim „zweiten Umsatz“ eingetreten. Denn bei der Gewährung von Rabatten kommt es erst dann zu einer Änderung der Bemessungsgrundlage, wenn der Kunde tatsächlich über die Gutschrift durch eine Auszahlung oder anderweitig verfügt hat, d.h., wenn das gezahlte Entgelt tatsächlich (teilweise) an den Kunden zurückgewährt wird. Dies gilt auch, wenn der Wertabfluss beim Rabatt gewährenden Händler und der Wertzufluss beim Kunden zeitlich auseinanderfallen. Auch in diesem Fall ist der Zufluss beim Kunden entscheidend für die Änderung der Bemessungsgrundlage.

Entscheidung im Besprechungsfall

Allerdings hat das FG keine Feststellungen dazu getroffen, in welchem Umfang Kunden die von der B GmbH gewährten Rabatte bei dem Bezug eines „zweiten Umsatzes“ tatsächlich in Anspruch genommen haben, mit der Folge, dass sich die Bemessungsgrundlage für die Umsätze der B GmbH insoweit ebenfalls vermindert hat. Damit das FG die dazu erforderlichen Feststellungen nachholen kann, hob der BFH die Entscheidung auf und verwies den Rechtsstreit zurück an das FG.

Praxishinweis

Die Entscheidung des BFH ist überzeugend begründet und aus dem Gesetz hergeleitet: Beteiligt sich ein Unternehmer an einem von einem Dritten betriebenen Rabattsystem, das an Kunden des Unternehmers umsatzabhängige Punkte ausgibt, mindert sich die Bemessungsgrundlage des Unternehmers erst, wenn der Kunde die Punkte tatsächlich einlöst. Weil das Rabattsystem der A-Card typisch für ein Kundenrabattsystem ist, sollten auch andere Anbieter vergleichbarer Rabattsysteme ihre bisherige umsatzsteuerliche Behandlung überprüfen.

 

RA und StB Axel Scholz, FA für Steuerrecht und FA für Handels- und Gesellschaftsrecht