Stellt eine nicht angemessene Verzinsung eines Gesellschafterdarlehens eine vGA dar?

Das Finanzgericht Schleswig-Holstein (FG) hat in seinem Urteil vom 28.05.2020 (1 K 67/17) entschieden, dass ein auf einem Verrechnungskonto ausgewiesenes Darlehen, welches nicht oder nicht angemessen verzinst wird, eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) in Form einer verhinderten Vermögensmehrung darstellen kann.

Sachlage im Streitfall

Die Steuerpflichtige war eine GmbH, die in den Streitjahren 2014 und 2015 eine auf ihrem Verrechnungskonto ausgewiesene Forderung gegenüber ihrem beherrschenden Gesellschafter auswies. Die Forderung wurde unverzinst dem Gesellschafter überlassen.

Das Finanzamt (FA) setzte aufgrund der mangelnden Verzinsung jährliche verdeckte Gewinnausschüttungen an. Dafür legte das FA einen Zinssatz von 4,5 % zugrunde, auf den sich die Beteiligten in einem vorhergehenden Verständigungsverfahren zwischen FA und Steuerpflichtigen geeinigt hatten.

Gegen diese Festsetzung wendete sich die Klägerin mit der Argumentation, dass eine Verzinsung der Forderung nicht mehr erforderlich sei, da der gesetzliche Basiszinssatz negativ ist. Das FA wies jedoch die gegen die Festsetzung der vGAs eingelegten Einsprüche zurück, da die Nichtverzinsung der Forderung dem Drittvergleich nicht standhält. Gegenüber einem Dritten hätte ein ordnungsgemäßer Geschäftsführer eine angemessene Verzinsung gefordert.

Gegen diese Einspruchsentscheidung erhob die GmbH Klage vor dem FG.

Angemessene Verzinsung eines Gesellschafterdarlehens

Nach der Ansicht des FG führt auch die Nichtverzinsung einer Forderung zu einer vGA gem. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG, da nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) eine verhinderte Vermögensmehrung vorliegt. Für Darlehen auf Verrechnungskonten gelten dabei dieselben Voraussetzungen wie für separat vereinbarte Darlehen zwischen Kapitalgesellschaft und Gesellschafter.

Ein „ordentlicher und gewissenhafter“ Kaufmann würde ein Darlehen an einen fremden Dritten nicht zinslos überlassen, sondern stets eine bestimmte Verzinsung verlangen. Die mangelnde Verzinsung stellt somit eine verhinderte Vermögensmehrung dar.

Auch der von der Bundesbank festgelegte negative Zinssatz kann insoweit nicht maßgeblich sein, da als Orientierungsgröße für einen angemessenen Zinssatz maßgeblich ist, welcher bei einem Darlehen an einen fremden Dritten vereinbart worden wäre. Der jeweils angemessene Zinssatz ist dazu in regelmäßigen Abständen zu schätzen. Dementsprechend kann die Höhe für einen angemessenen Zinssatz nicht stets genau bestimmt werden. Er muss sich jedoch in einer bestimmten angemessenen Marge bewegen, die sich zwischen den banküblichen Habenzinsen und den banküblichen Sollzinsen befindet. Im Streitfall waren dies 0,14 % bzw. 9,41 %.

Der vom FA angesetzte Zinssatz i.H.v. 4,5 % erscheint dem FG daher in dem Streitfall angemessen zu sein. Die Annahme einer vGA in der vom FA festgesetzten Höhe ist somit nicht zu beanstanden.

Praxishinweis

Die vom Steuerpflichtigen gegen das Urteil des FG eingelegte Revision wurde aufgrund erheblicher praktischer Bedeutung zugelassen. Der BFH hat somit abermals über die angemessene Höhe der Verzinsung von Gesellschafterdarlehen zu entscheiden. Spannend wird die Entscheidung, da andere FGs von der o.g. Methode zur Ermittlung des angemessenen Zinssatzes Abstand genommen haben. Entsprechende Verfahren sollten somit bis zu einer Entscheidung des BFH offengehalten werden.

 

Christian Kappelmann, Steuerberater und Diplom-Finanzwirt