Archiv der Kategorie: Rechtsprechung

Fast ausschließliche Nutzung eines betrieblichen Pkw

Mit Urteil vom 15.07.2020 (III R 62/19) hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass als Nachweis für den betrieblichen bzw. den außerbetrieblichen Nutzungsanteil eines Pkw nicht nur ein Fahrtenbuch als Beweismittel herangezogen werden kann, sondern auch andere Dokumente geeignet sind, die betriebliche Nutzung zu dokumentieren.

Sachlage im Streitfall

Der Kläger hatte im Jahr 2011 einen Investitionsabzugsbetrag (IAB) für einen Pkw geltend gemacht, den er später im Jahr 2014 tatsächlich anschafft. Von den Anschaffungskosten zog er den entsprechenden bereits geltend gemachten IAB ab. Die spätere private Nutzung ermittelt er im Wege der Fahrtenbuchmethode.

Bei einer Betriebsprüfung war die Prüferin der Auffassung, dass die vorgelegten Fahrtenbücher nicht ordnungsgemäß geführt waren, und erkannte diese daher nicht an. Sie ermittelte die private Nutzung im Wege der 1-%-Methode, was zugleich dazu führte, dass die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des IAB und der Sonderabschreibung nicht mehr vorlagen, da der private Nutzungsanteil über 10 % lag.

Das Finanzgericht (FG) entschied ebenfalls, dass die Fahrtenbücher zu verwerfen seien, da diese unzureichende Angaben enthalten, welche über einige wenige kleine Flüchtigkeitsfehler hinaus gehen. Eine Schätzung eines privaten Nutzungsanteils von unter 10 % sei zudem nicht möglich, und daher ist die 1-%-Methode für die Ermittlung des privaten Nutzungsanteils heranzuziehen.

Der BFH sah die Revision jedoch als begründet an und hob das Urteil des FG auf.

Voraussetzungen zur Inanspruchnahme des § 7g EStG für Pkws

Der IAB gem. § 7g Abs. 1–4 EStG sowie die Sonderabschreibung gem. § 7g Abs. 5 EStG können lediglich für Wirtschaftsgüter in Anspruch genommen werden, die zu mindestens 90 % für betriebliche Zwecke genutzt werden. Bei Firmenwagen, deren privater Nutzungsanteil im Wege der 1-%-Methode ermittelt wird, kann daher kein IAB oder keine Sonderabschreibung in Anspruch genommen werden, da der private Nutzungsanteil auf 20–25 % fingiert wird.

Der BFH hat nun entschieden, dass an den Nachweis der betrieblichen Nutzung von über 90 % nicht dieselben hohen Maßstäbe anzulegen sind, wie bei der Ermittlung des privaten Nutzungsanteils gem. § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG. Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 EStG kann der private Nutzungsanteil anhand eines ordnungsgemäßen Fahrtenbuchs dargelegt werden. Ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch liegt vor, wenn dieses zeitnah und in geschlossener Form geführt worden ist.

Dahingegen sieht der BFH jedoch keinerlei Anhaltspunkte, dass auch an den Nachweis i.S.d. § 7g EStG ähnlich hohe Anforderungen anzulegen sind. Für diesen Nachweis reicht es aus, wenn der mindestens 90 %ige betriebliche Nutzungsanteil des Pkw plausibel dargelegt wird.

Praxishinweis

Das Urteil des BFH nimmt die Brisanz aus den Prüfungen eines Fahrtenbuchs im Rahmen einer Betriebsprüfung. Steuerpflichtige müssen nun nicht bei jedem kleinsten formalen Mangel befürchten, dass nicht nur die 1-%-Methode angewandt wird, sondern auch der IAB oder die Sonderabschreibung i.S.d. § 7g EStG rückgängig zu machen sind. Dies gilt jedoch nur, solange das Fahrtenbuch auch insgesamt plausibel ist und keine Unstimmigkeiten bzw. Lücken enthält.

Die Inanspruchnahme des § 7g EStG für Firmenwagen von Gesellschaftern oder Unternehmen dürfte somit öfter zu empfehlen sein.

Steuerpflichtige sollten zudem beachten, dass mit dem Jahressteuergesetz 2020 die Einkunftsgrenzen für die Inanspruchnahme gem. § 7g EStG für alle Einkunftsarten vereinheitlicht worden sind. Zudem wurde der IAB von 40 % auf 50 % der Anschaffungskosten angehoben.

 

Christian Kappelmann, Steuerberater, M.A. und Diplom-Finanzwirt (FH)

Rechtsprechung

  • BFH Urteil III R 62/19 v. 15. 7. 2020

Rücknahme der Ist-Besteuerung im Gründungsjahr

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in zwei aktuellen Entscheidungen vom 11.11.2020 (XI R 40/18 und XI R 41/18) seine Grundsätze weiter konkretisiert, unter welchen Voraussetzungen die Gestattung der Ist-Besteuerung im Gründungsjahr möglich ist bzw. wieder rückgängig gemacht werden kann.

Sachverhalt im Besprechungsfall

Die K-GbR gab dem Finanzamt (FA) Umsätze für das Jahr der Betriebseröffnung und für das Folgejahr in geschätzter Höhe von 30.000 € bzw. 100.000 € an. Das FA gestattete daraufhin die Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten (sog. Ist-Besteuerung). Im Gründungsjahr verpflichtete sich die GbR, als Generalunternehmerin eine Photovoltaikanlage zu errichten, und vereinbarte eine Gesamtvergütung i.H.v. 1.258.000 € zzgl. Umsatzsteuer, welche in zwei Raten von je 450.000 € und einer Restrate von 358.000 € zu zahlen war. Die GbR stellte im Gründungsjahr die erste Rate von 450.000 € zzgl. 85.500 € Umsatzsteuer in Rechnung. Am 21.12.2011 ging auf dem Konto der Klägerin eine Gutschrift i.H.v. 77.350 € ein. Die GbR reichte eine Umsatzsteuererklärung für das Gründungsjahr ein, gab Umsätze zu 19 % in Höhe des vereinnahmten Entgelts von (netto) 65.000 € an und ermittelte eine entsprechende Steuervergütung. Dieser Erklärung stimmte das FA nicht zu und nahm die Gestattung der Ist-Besteuerung rückwirkend zurück. Es ermittelte die Umsatzsteuer nach vereinbarten Entgelten (sog. Soll-Besteuerung) und setzte die Umsatzsteuer entsprechend fest. Dabei ging es von Umsätzen zu 19 % mit einer Bemessungsgrundlage von 450.000 € aus. Einspruch und Klage blieben erfolglos, der BFH folgte dem.

Relevante Verhältnisse im Gründungsjahr

Das FA kann auf Antrag gestatten, dass der Unternehmer die Steuer nicht nach den vereinbarten Entgelten, sondern nach den vereinnahmten Entgelten berechnen darf (Ist-Besteuerung), wenn dessen Gesamtumsatz im vorangegangenen Kalenderjahr nicht mehr als 500.000 € (seit dem 01.01.2020: 600.000 €) betragen hat. Gesamtumsatz ist die Summe der vom Unternehmer ausgeführten steuerbaren Umsätze abzgl. bestimmter steuerfreier Umsätze. Soweit der Unternehmer die Steuer nach vereinnahmten Entgelten berechnet, ist auch der Gesamtumsatz nach diesen Entgelten zu berechnen. Dabei kommt es nicht auf die Verhältnisse des vorangegangenen, sondern auf die voraussichtlichen Verhältnisse des laufenden Kalenderjahres an, wenn der Unternehmer seine unternehmerische Tätigkeit erst in diesem Jahr aufgenommen hat. § 20 Satz 1 Nr. 1 UStG stellt im Hinblick auf die Gestattung der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten auf den Gesamtumsatz im vorangegangenen Kalenderjahr ab. Der Fall, dass die unternehmerische Tätigkeit erstmals im Laufe eines Jahres aufgenommen wird, ist gesetzlich nicht geregelt. Im Jahr der erstmaligen Aufnahme der gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit liegt kein Vorjahresumsatz vor, so dass für die Umsatzgrenze auf den voraussichtlichen Gesamtumsatz des laufenden Jahres abzustellen ist. Für das Jahr der Neugründung kommt es mithin darauf an, welche Umsätze der Unternehmer voraussichtlich erzielen wird. Dies leitet der BFH daraus ab, dass für die Besteuerung von Kleinunternehmern im Hinblick auf den gleichfalls gesetzlich nicht geregelten Fall, dass der Unternehmer seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit im Laufe eines Kalenderjahres neu aufnimmt, nichts anderes gilt.

Schätzung des Gesamtumsatzes

Bei dieser Untersuchung sind die Umsätze des Erstjahres nach den Grundsätzen der Soll-Besteuerung zu schätzen. Denn gem. § 19 Abs. 3 Satz 2 UStG, der von § 20 Satz 1 Nr. 1 UStG in Bezug genommen wird, ist der maßgebliche Gesamtumsatz nach vereinnahmten Entgelten zu berechnen, soweit der Unternehmer die Steuer nach vereinnahmten Entgelten berechnet. Die Grundsätze der Ist-Besteuerung finden bei der Ermittlung des maßgeblichen Gesamtumsatzes nur in den Fällen der Anzahlung und bei bereits erteilter Gestattung Anwendung. Letztere liegt aber bei einem Antrag auf Ist-Besteuerung gerade noch nicht vor. Die Bedeutung gem. § 19 Abs. 3 Satz 2 UStG für einen regelbesteuerten Unternehmer erschöpft sich darin, ob er die ihm bisher genehmigte Besteuerungsart der Ist-Besteuerung weiterführen darf. Für eine Neugründung ist diese Vorschrift dagegen bedeutungslos – die Ist-Besteuerung findet erst dann Anwendung, wenn sie das FA durch die ihm obliegende Ermessensentscheidung genehmigt hat. Anderenfalls hätte es der Steuerpflichtige selbst in der Hand, die für ihn im Einzelfall günstigere Form der Ist-Besteuerung durch faktische Ausübung herbeizuführen und damit die Genehmigungspflicht gem. § 20 UStG zu unterlaufen. Eine (nicht gewollte) Benachteiligung von Unternehmern bei Unternehmensneugründungen gegenüber solchen Unternehmern, die ihr Unternehmen bereits im Vorjahr betrieben haben, liegt für den BFH darin nicht. Denn auch bei Letzteren ist bei einem Antrag auf Ist-Besteuerung der Gesamtumsatz grundsätzlich nach der Soll-Besteuerung zu berechnen. Beide Fälle unterscheiden sich nur dadurch, dass es bei dem Neugründer – da es ein „Vorjahr“ seiner unternehmerischen Tätigkeit nicht gibt – auf die Verhältnisse des laufenden Jahres ankommt. Anderenfalls würde die mögliche Rechtsfolge der Ist-Besteuerung bereits bei der Prüfung ihrer Voraussetzungen berücksichtigt, was systematisch jedoch unzutreffend ist.

Möglichkeit der Rücknahme der Gestattung

Demnach war für das Streitjahr ein höherer Gesamtumsatz als 500.000 € zu erwarten. Bereits für die erste Teilleistung war ein Entgelt i.H.v. (netto) 450.000 € vereinbart, welches im Streitjahr zzgl. 85.500 € Umsatzsteuer in Rechnung gestellt wurde. Für die anzustellende Prognose ist allein die konkrete unternehmerische Planung hinsichtlich des laufenden Erstjahres entscheidend. Es ist jedenfalls von einem voraussichtlichen Umsatz mit einer Bemessungsgrundlage i.H.v. (netto) 450.000 € auszugehen, so dass der auf das Gesamtjahr hochgerechnete maßgebliche Gesamtumsatz 1.350.000 € beträgt. Die den Grundsätzen der Soll-Besteuerung folgende Schätzung der Summe der vom Unternehmer ausgeführten steuerbaren Umsätze, die er im Jahr der Neugründung voraussichtlich erzielt hätte, wenn die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nicht nur in einem Teil dieses Jahres ausgeübt worden wäre, beinhaltet jedenfalls keine vorweggenommene inzidente Prüfung der Steuerfestsetzung des Erstjahres; die für dieses Jahr voraussichtlich festzusetzende Steuer ist für die Gestattung, ob der Unternehmer die Steuer nach den vereinnahmten Entgelten berechnen darf, nicht vorgreiflich.

Entscheidung im Besprechungsfall

Im Besprechungsfall hatte das FA im Rahmen der zu treffenden Ermessensentscheidung über die rückwirkende Rücknahme der Gestattung der Ist-Besteuerung nicht davon ausgehen müssen, dass im Fall der Vergütung der Leistung in Raten die Entgeltansprüche unmittelbar nach Leistungserbringung uneinbringlich geworden sein könnten. Das FA hatte bei der Entscheidung über die rückwirkende Rücknahme der Gestattung der Ist-Besteuerung ferner ebenso wenig zu berücksichtigen, dass die Steuer bei der Berechnung nach vereinbarten Entgelten bei ratenweiser Vergütung nicht mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistungen oder Teilleistungen ausgeführt worden sind, entstanden sein könnte, sondern erst mit Ablauf des Zeitraums, auf den sich die geleisteten Zahlungen beziehen. Insbesondere hat die GbR mit Blick auf § 20 Satz 1 Nr. 2 UStG keine Befreiung gem. § 148 AO erhalten. Ein Verwaltungsakt, der – wie die Gestattung der Ist-Besteuerung – ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf u.a. nur dann zurückgenommen werden, wenn ihn der Begünstigte durch Angaben erwirkt hat, welche in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren (gem. § 130 Abs. 2 Nr. 3 AO). Dabei müssen die Angaben des Begünstigten objektiv unrichtig oder unvollständig sein; auf ein vorsätzliches oder fahrlässiges Handeln kommt es nicht an. Allerdings muss anzunehmen sein, dass das FA bei vollständiger Kenntnis des Sachverhalts den begünstigenden Verwaltungsakt nicht bzw. so nicht erlassen hätte. Deshalb müssen die unrichtigen oder unvollständigen Angaben für den Erlass des begünstigenden Verwaltungsakts von entscheidungserheblicher Bedeutung sein. Im Besprechungsfall war die Angabe, dass die geschätzte Summe der Umsätze für das Jahr der Betriebseröffnung 30.000 € betrage, unzutreffend. Hierfür gab es keine Grundlage. Diese Angabe war für die Gestattung ursächlich, weil das FA die Gestattung bei vollständiger Kenntnis des Sachverhalts nicht erteilt hätte. Die Entscheidung über die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts ist nach dem Wortlaut des § 130 Abs. 1 AO („kann“) eine Ermessensentscheidung der Finanzbehörde. Die Vorschrift enthält jedoch ermessenslenkende Vorgaben (sog. intendiertes Ermessen). Sie „intendiert“ die Rücknahme des durch falsche Angaben erwirkten rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts dann, wenn der Begünstigte von der Unrichtigkeit seiner Angaben wusste oder zumindest hätte wissen können und müssen. In diesem Fall ist die Rücknahme die nicht begründungsbedürftige Rechtsfolge gem. § 130 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 3 AO; eine abwägende Stellungnahme des FA zur Rücknahme des rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts ist insoweit nicht erforderlich. Daher wies der BFH die Revision zurück.

Praxishinweis

Der BFH hat mit diesen Entscheidungen die Grundsätze für die Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten konkretisiert und für weitere Klarheit gesorgt: Der für die Gestattung der sog. Ist-Besteuerung maßgebende Gesamtumsatz (gem. § 20 Satz 1 Nr. 1 UStG) ist nach den voraussichtlichen Verhältnissen des Gründungsjahres zu bestimmen, wenn der Unternehmer seine unternehmerische Tätigkeit erst im laufenden Jahr begonnen hat. Für diese Prognose ist ein Gesamtumsatz nach den Grundsätzen der sog. Soll-Besteuerung zu schätzen. § 130 Abs. 2 Nr. 3 AO enthält ermessenslenkende Vorgaben; eine abwägende Stellungnahme des FA zur Rücknahme des durch falsche Angaben erwirkten rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts ist nicht erforderlich, wenn der Begünstigte von der Unrichtigkeit seiner Angaben wusste oder zumindest hätte wissen können und müssen.

 

RA und StB Axel Scholz, FA für Steuerrecht und FA für Handels- und Gesellschaftsrecht

Rechtsprechung

  • BFH Urteil XI R 40/18 v. 11. 11. 2020
  • BFH Urteil XI R 41/18 v. 11. 11. 2020

Zulässigkeit der Erhebung eines Entgelts für die Zahlung mittels Sofortüberweisung oder PayPal

Pressetext:

Der u. a. für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25.03.2021 entschieden, dass Unternehmen von ihren Kunden ein Entgelt für die Zahlung mittels Sofortüberweisung oder PayPal erheben dürfen, wenn das Entgelt allein für die Nutzung dieser Zahlungsmittel und nicht für eine damit im Zusammenhang stehende Nutzung einer Lastschrift, Überweisung oder Kreditkarte verlangt wird.

Sachverhalt und bisheriger Prozessverlauf

Die Klägerin ist die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs. Die Beklagte veranstaltet Fernbusreisen und bewirbt diese im Internet. Sie bietet ihren Kunden vier Zahlungsmöglichkeiten an, nämlich die Zahlung mit EC-Karte, Kreditkarte, Sofortüberweisung oder PayPal. Bei Wahl der Zahlungsmittel „Sofortüberweisung“ und „PayPal“ erhebt die Beklagte ein vom jeweiligen Fahrpreis abhängiges zusätzliches Entgelt.

Die Klägerin sieht darin einen Verstoß gegen § 3a UWG in Verbindung mit § 270a BGB und nimmt die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs

Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Klägerin hatte keinen Erfolg. Die Beklagte hat dadurch, dass sie für die Zahlung mittels Sofortüberweisung oder PayPal ein zusätzliches Entgelt verlangt hat, nicht gegen § 270a BGB verstoßen.

Nach § 270a Satz 1 BGB ist eine Vereinbarung unwirksam, die den Schuldner zur Zahlung eines Entgelts für die Nutzung einer SEPA-Basislastschrift, einer SEPA-Firmenlastschrift, einer SEPA-Überweisung oder einer Zahlungskarte verpflichtet. Für die Nutzung von Zahlungskarten gilt dies nach § 270a Satz 2 BGB nur bei Zahlungsvorgängen mit Verbrauchern, auf die Kapitel II der Verordnung (EU) 2015/751 über Interbankenentgelte für kartengebundene Zahlungsvorgänge anwendbar ist.

Bei Wahl des Zahlungsmittels „Sofortüberweisung“ kommt es zu einer Überweisung vom Konto des Kunden auf das Konto des Empfängers. Dabei handelt es sich um eine SEPA-Überweisung im Sinne von § 270a Satz 1 BGB, auch wenn diese Überweisung nicht durch den Kunden, sondern im Auftrag des Kunden durch den Betreiber des Zahlungsdienstes „Sofortüberweisung“ ausgelöst wird. Das von der Beklagte bei Wahl der Zahlungsmöglichkeit „Sofortüberweisung“ geforderte Entgelt wird nach den Feststellungen des Berufungsgerichts aber nicht für die Nutzung dieser Überweisung verlangt, sondern für die Einschaltung des Zahlungsauslösedienstes, der neben dem Auslösen der Zahlung weitere Dienstleistungen erbringt. So überprüft er etwa die Bonität des Zahlers und unterrichtet den Zahlungsempfänger vom Ergebnis dieser Überprüfung, sodass dieser seine Leistung bereits vor Eingang der Zahlung erbringen kann.

Auch bei Wahl der Zahlungsmöglichkeit „PayPal“ kann es zu einer SEPA-Überweisung oder einer SEPA-Lastschrift im Sinne von § 270a Satz 1 BGB oder einen kartengebundenen Zahlungsvorgang im Sinne von § 270a Satz 2 BGB kommen, wenn das PayPal-Konto des Zahlers kein ausreichendes Guthaben aufweist und durch eine Überweisung, Lastschrift oder Kreditkartenabbuchung aufgeladen werden muss. Auch in diesem Fall verlangt die Beklagte von ihren Kunden nach den Feststellungen des Berufungsgerichts aber kein Entgelt für die Nutzung dieser Zahlungsmittel, sondern allein für die Einschaltung des Zahlungsdienstleisters „PayPal“, der die Zahlung vom PayPal-Konto des Zahlers auf das PayPal-Konto des Empfängers durch Übertragung von E-Geld abwickelt.

Der Erhebung eines Entgelts für zusätzliche Leistungen steht das Verbot der Vereinbarung eines Entgelts für die Nutzung einer Lastschrift, Überweisung oder Zahlungskarte im Sinne von § 270a BGB nicht entgegen.

Hinweis zur Rechtslage

  • 3a UWG

Unlauter handelt, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen.

  • 270a BGB

Eine Vereinbarung, durch die der Schuldner verpflichtet wird, ein Entgelt für die Nutzung einer SEPA-Basislastschrift, einer SEPA-Firmenlastschrift, einer SEPA-Überweisung oder einer Zahlungskarte zu entrichten, ist unwirksam. Satz 1 gilt für die Nutzung von Zahlungskarten nur bei Zahlungsvorgängen mit Verbrauchern, wenn auf diese Kapitel II der Verordnung (EU) 2015/751 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 29. April 2015 über Interbankenentgelte für kartengebundene Zahlungsvorgänge (ABl. L 123 vom 19.05.2015, S.1) anwendbar ist.

Rechtsprechung

  • BGH Urteil I ZR 203/19 v. 25. 3. 2021

Höhe einer betrieblichen Altersversorgung – Auswirkung von Teilzeitbeschäftigung

Pressetext:

Eine Versorgungsregelung kann wirksam vorsehen, dass bei der Ermittlung der anrechnungsfähigen Dienstzeiten im Rahmen der Berechnung des Altersruhegelds die Zeiten einer Teilzeitbeschäftigung lediglich anteilig berücksichtigt werden. Ebenso kann eine Versorgungsregelung vorsehen, dass eine Höchstgrenze eines Altersruhegelds bei in Teilzeit beschäftigten Arbeitnehmern entsprechend dem Teilzeitgrad während des Arbeitsverhältnisses gekürzt wird. Diese Regelungen stellen keine unzulässige Diskriminierung wegen der Teilzeitarbeit i. S. v. § 4 Abs. 1 TzBfG dar.

Die Klägerin war annähernd 40 Jahre bei der Beklagten überwiegend in Teilzeit beschäftigt. Seit dem 1. Mai 2017 bezieht sie auf Grundlage der im Betrieb der Beklagten geltenden Konzernbetriebsvereinbarung („Leistungsordnung“) ein betriebliches Altersruhegeld. Dessen Höhe hängt von dem zum Ende des Arbeitsverhältnisses erreichten versorgungsfähigen Einkommen und den zurückgelegten anrechnungsfähigen Dienstjahren ab. Soweit das maßgebende Einkommen ein Entgelt für Teilzeitarbeit ist, wird das Einkommen zugrunde gelegt, das der Mitarbeiter in Vollzeit erzielt hätte. Die Leistungsordnung enthält ferner eine Regelung, wonach Dienstzeiten in Teilzeitarbeit nur anteilig angerechnet werden. Die anrechnungsfähige Dienstzeit ist auf höchstens 35 Jahre begrenzt. Wird dieser Zeitraum überschritten, werden die Jahre mit dem für den Arbeitnehmer günstigsten Verhältnis berücksichtigt. Nach der Leistungsordnung gilt für das Altersruhegeld eine absolute Höchstgrenze von 1.375 Euro im Monat, wenn das Einkommen bei Eintritt des Versorgungsfalls die maßgebende Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung übersteigt. Bei der Klägerin sieht die Leistungsordnung einen Teilzeitfaktor von 0,9053 vor, obwohl sie in ihrem annähernd 40 Jahre bestehenden Arbeitsverhältnis insgesamt 34,4 Vollzeitarbeitsjahre gearbeitet hat. Gegen die Berücksichtigung des Teilzeitfaktors hat sich die Klägerin mit ihrer auf die Zahlung der Differenz zum höchstmöglichen Altersruhegeld gerichteten Klage gewandt. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr teilweise stattgegeben.

Die Revision der Beklagten hatte – im Gegensatz zur Anschlussrevision der Klägerin – vor dem Dritten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Die insgesamt klageabweisende Entscheidung des Arbeitsgerichts wurde wiederhergestellt. Die in der Leistungsordnung vorgesehene Berechnung des Altersruhegelds unter Berücksichtigung eines Teilzeitgrads ist wirksam. Die Klägerin wird nicht i. S. v. § 4 Abs. 1 TzBfG wegen ihrer Teilzeitarbeit benachteiligt, weil ihre über annähernd 40 Jahre erbrachte Arbeitsleistung nicht in 34,4 Vollzeitarbeitsjahre umgerechnet wurde. Mit einem Arbeitnehmer, der 34,4 Jahre in Vollzeit gearbeitet und dann in den Altersruhestand getreten ist, ist sie nicht vergleichbar. Auch kann sie nicht mit Erfolg geltend machen, dass sie wegen ihrer Teilzeitarbeit benachteiligt wird, weil der nach der Leistungsordnung ermittelte Teilzeitfaktor auch auf die Versorgungshöchstgrenze angewandt wird. Sie erhält vielmehr ein Altersruhegeld in dem Umfang, der ihrer erbrachten Arbeitsleistung im Verhältnis zur Arbeitsleistung eines gleich lange im Unternehmen der Beklagten in Vollzeit tätigen Arbeitnehmers entspricht. Das ist zulässig.

Rechtsprechung

  • BAG Urteil 3 AZR 24/20 v. 23. 3. 2021

Keine Pflicht zur elektronischen Übermittlung einer Antragssteuererklärung

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in seiner aktuellen Entscheidung vom 28.10.2020 (X R 36/19) dazu Stellung genommen, ob bei Gewinneinkünften eine elektronische Übermittlung der Einkommensteuererklärung erforderlich ist, wenn keine Verpflichtung zur Abgabe der Steuererklärung besteht.

Sachverhalt im Besprechungsfall

Die Eheleute A und B, welche im Streitjahr zur Einkommensteuer zusammen veranlagt wurden, erzielten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. A erzielte darüber hinaus gewerbliche Einkünfte aus dem Betrieb einer Photovoltaikanlage, die gesondert festgestellt wurden (11.600 €). Unstreitig waren A und B sowohl gem. § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG als auch nach § 46 Abs. 2 Nr. 3a EStG zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung verpflichtet. A und B reichten ihre Einkommensteuererklärung für das Streitjahr in Papierform beim Finanzamt (FA) ein. Diese akzeptierte das FA nicht und setzte Zwangsmittel fest. Einspruch und Klage blieben erfolglos, der BFH folgte dem nicht.

Pflicht zur Abgabe der Erklärung in elektronischer Form

A und B sind für das Streitjahr zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung verpflichtet, weil die Voraussetzungen der Veranlagungstatbestände des § 46 Abs. 2 Nr. 1 und 3a EStG erfüllt sind. Eine solche Einkommensteuererklärung ist grundsätzlich in eigenhändig unterschriebener Form abzugeben. Diese Verpflichtung haben A und B erfüllt. Abweichend davon ist die Einkommensteuererklärung jedoch nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln, wenn Gewinneinkünfte erzielt werden und es sich nicht um einen der Veranlagungsfälle gem. § 46 Abs. 2 Nr. 2–8 EStG handelt. A hat Gewinneinkünfte durch den Betrieb der Photovoltaikanlage erzielt. Da A und B nach Ansicht des BFH aber (auch) unter den Veranlagungstatbestand des § 46 Abs. 2 Nr. 3a EStG fallen, fehlt es an der – negativ formulierten – weiteren Voraussetzung gem. § 25 Abs. 4 Satz 1 EStG. Der Gesetzeswortlaut spricht nach Ansicht des BFH dafür, dass es für die Erfüllung dieses Ausnahmetatbestands von der Pflicht zur elektronischen Übermittlung ausreicht, wenn einer der Veranlagungsfälle des § 46 Abs. 2 Nr. 2–8 EStG erfüllt ist. Dies gilt für den BFH auch dann, wenn zusätzlich der Veranlagungstatbestand gem. § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG erfüllt ist. Ein vom Wortlaut abweichender Normzweck ist für den BFH jedenfalls nicht mit hinreichender Eindeutigkeit erkennbar.

Zudem kann der BFH § 25 Abs. 4 Satz 1 zweiter Halbsatz EStG nicht in der Weise auslegen, dass bei Gewinneinkünften die Gewinnermittlung entweder gem. § 5b EStG (Bilanzierung) oder gem. § 60 Abs. 4 EStDV (Einnahmenüberschussrechnung) elektronisch zu übermitteln ist. Dies ist nach Auffassung des BFH kein zwingender Grund für eine vom Wortlaut nicht getragene Auslegung. Denn die elektronische Gewinnermittlung mit ihren zahlreichen Kennzahlen bleibt unter dem Gesichtspunkt einer effizienten Verwaltung (u.a. automatisierter Vergleich mit den Vorjahreskennzahlen und dadurch schnelle Erkennung wesentlicher Veränderungen) auch dann sinnvoll, wenn die Einkommensteuererklärung als solche – in die der Gewinn ohnehin nur als auf eine einzige Zahl zusammengefasstes Ergebnis der detaillierten Gewinnermittlung eingetragen wird – in Papierform abgegeben wird. Aus diesen Gründen hob der BFH die Entscheidung des Finanzgerichts auf und gab der Klage statt.

Praxishinweis

Der BFH hat eine für die Praxis wichtige Entscheidung gefällt: Auch bei Gewinneinkünften von mehr als 410 € ist ein Steuerpflichtiger nicht zur elektronischen Übermittlung der Einkommensteuererklärung verpflichtet, wenn zusätzlich die Voraussetzungen eines der Veranlagungstatbestände gem. § 46 Abs. 2 Nr. 2–8 EStG erfüllt sind. Denn es besteht kein genereller Vorrang des Veranlagungstatbestands des § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG vor den anderen Veranlagungstatbeständen. Daraus folgt, dass insbesondere für viele Betreiber von Photovoltaikanlagen, die lediglich als Nebenerwerb unterhalten werden, künftig keine elektronische Einkommensteuererklärung abgegeben werden muss.

 

RA und StB Axel Scholz, FA für Steuerrecht und FA für Handels- und Gesellschaftsrecht

Rechtsprechung

  • BFH Urteil X R 36/19 v. 28. 10. 2020

Kein Kindergeld wegen Ausbildungsplatzsuche bei nicht absehbarem Ende der Erkrankung eines Kindes

Kein Kindergeld wegen Ausbildungsplatzsuche bei nicht absehbarem Ende der Erkrankung eines Kindes

Pressetext:

Mit Urteil vom 12.11.2020 – III R 49/18 hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass ein Kind kindergeldrechtlich nicht als Kind, das einen Ausbildungsplatz sucht, zu berücksichtigen ist, wenn es erkrankt ist und das Ende der Erkrankung nicht absehbar ist.

Der Kläger ist der Vater eines Sohnes, der sich wegen langjährigen Drogenkonsums in Therapie befand. Der Sohn hatte die Schule abgebrochen. Im Juli 2017 beantragte der Vater Kindergeld für seinen Sohn nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG, weil dieser einen Ausbildungsplatz suche und seine Ausbildungswilligkeit auch bekundet habe. Aus ärztlichen Bescheinigungen ging allerdings hervor, dass noch in den Monaten Juni und Juli 2017 das Ende der Erkrankung nicht absehbar war.

Die Familienkasse lehnte die Gewährung von Kindergeld für die Zeit bis Mai 2017 ab. Dagegen sprach das Finanzgericht (FG) dem Kläger das Kindergeld für den Zeitraum September 2016 bis Mai 2017 zu, weil es die allgemeine Ausbildungswilligkeit des Sohnes genügen ließ.

Der BFH hob das Urteil des FG auf. Er war der Ansicht, bei einem erkrankten Kind komme eine Berücksichtigung als Kind, das einen Ausbildungsplatz sucht, nur dann in Betracht, wenn das Ende der Erkrankung absehbar sei. Dies sei in dem Zeitraum, für den das Kindergeld streitig war, nicht der Fall gewesen. Dies folge aus den ärztlichen Bescheinigungen. Entgegen der Rechtsansicht des FG reiche die allgemein gehaltene Aussage des Kindes, nach dem Ende der Erkrankung eine Ausbildung aufnehmen zu wollen, nicht aus.

Das Kindergeld für den streitigen Zeitraum ist damit allerdings nicht endgültig verloren. Der BFH verwies die Streitsache an das FG zurück, damit dieses prüft, ob der Sohn als behindertes Kind (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG) berücksichtigt werden kann.

  • BFH Urteil III R 49/18 v. 12. 11. 2020

Kein Widerrufsrecht des Leasingnehmers bei Kilometerleasingverträgen

Pressetext:

Der unter anderem für das Leasingrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute entschieden, dass einem Leasingnehmer, der als Verbraucher mit einem Unternehmer einen Leasingvertrag mit Kilometerabrechnung abgeschlossen hat, ein Recht zum Widerruf des Vertrags nicht zusteht.

Sachverhalt:

Der klagende Leasingnehmer hat als Verbraucher mit der beklagten Leasinggeberin im Jahr 2015 einen Leasingvertrag über ein Neufahrzeug mit Kilometerabrechnung (so genannter Kilometerleasingvertrag) abgeschlossen. Aufgrund eines vom ihm im März 2018 erklärten Widerrufs verlangt er Rückerstattung sämtlicher erbrachter Leasingzahlungen.

Bisheriger Prozessverlauf:

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers ist vor dem Oberlandesgericht ohne Erfolg geblieben.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die gegen das Berufungsurteil gerichtete Revision des Klägers zurückgewiesen. Das Berufungsgericht hat zu Recht ein Widerrufsrecht des Klägers unter jedem rechtlich denkbaren Gesichtspunkt verneint.

Ein Leasingvertrag mit Kilometerabrechnung erfüllt nicht die Voraussetzungen der Vorschrift des § 506 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis Nr. 3 BGB (in der bei Vertragsschluss und auch heute noch geltenden Fassung), weil er weder eine Erwerbspflicht des Leasingnehmers oder ein Andienungsrecht des Leasinggebers noch eine Restwertgarantie des Leasingnehmers vorsieht. Ein Widerrufsrecht des Leasingnehmers ergibt sich bei einem Kilometerleasingvertrag auch nicht aus § 506 Abs. 1 BGB in der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses gültigen Fassung. Ein Rückgriff auf diese Bestimmung als Auffangtatbestand kommt nicht in Betracht. Die Vorschrift des § 506 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis Nr. 3 BGB regelt im Wege einer abschließenden Aufzählung, dass bei entgeltlichen Nutzungsverträgen nur in den genannten Fällen eine sonstige entgeltliche Finanzierungshilfe vorliegt, bei der gemäß § 506 Abs. 1 BGB (in der genannten Fassung) ein Recht des Leasingnehmers zum Widerruf des Leasingvertrags nach den Vorschriften des Verbraucherkreditrechts besteht.

Mangels Vorliegens der Voraussetzungen für eine Analogie scheidet auch ein Widerrufsrecht des Leasingnehmers in entsprechender Anwendung des – die Fälle einer Restwertgarantie regelnden – Vorschrift des § 506 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB aus. Dem gesetzgeberischen Konzept haftet weder eine planwidrige Regelungslücke an noch trifft die vom Gesetzgeber bei der Schaffung der genannten Bestimmung vorgenommene Interessenbewertung auf Kilometerleasingverträge zu.

Der Gesetzgeber hat sich bei der Einführung des § 506 BGB nicht an der bisherigen Rechtslage orientiert, bei der die höchstrichterliche Rechtsprechung Leasingverträge mit Kilometerabrechnung als Finanzierungsleasingverträge eingestuft und sie als Finanzierungshilfen im Sinne des Verbraucherkreditgesetzes angesehen hat. Vielmehr hat er nunmehr die Interessenbewertung der europäischen Verbrauchgüterkaufrichtlinie übernommen, die Leasingverträge lediglich im Falle einer – auch einseitig vom Leasinggeber auslösbaren – Erwerbspflicht des Leasingnehmers dem Verbraucherkreditrecht unterstellte. Die nach der Verbraucherkreditrichtlinie vorgesehene Beschränkung des Verbraucherkreditschutzes auf bestimmte Fälle entgeltlicher Gebrauchsüberlassungsverträge hat der Gesetzgeber nicht nur den – der Umsetzung der Richtlinie dienenden – Bestimmungen des § 506 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 BGB zugrunde gelegt, sondern auch bei dem zusätzlich geschaffenen Tatbestand des § 506 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB nachgezeichnet. Mit dieser Regelung hat er lediglich das Widerrufsrecht punktuell erweitern, nicht aber sämtliche Finanzierungsleasingverträge dem Verbraucherkreditrecht unterwerfen wollen.

Der Abschluss eines Kilometerleasingvertrags stellt auch nicht ein Umgehungsgeschäft nach § 511 Satz 2 BGB in der bei Vertragsschluss geltenden Fassung (heute § 512 BGB) dar, das zur Anwendung des § 506 Abs. 1 BGB und damit zu einem Widerrufsrecht des Verbrauchers gemäß §§ 495, 355 BGB führte. Denn der Umstand, dass ein bestimmter – und zudem seit langem etablierter – Vertragstyp gewählt wird, der nach dem gesetzgeberischen Regelungskonzept gerade nicht von der Verbraucherschutznorm des § 506 BGB erfasst ist, begründet keine Umgehung dieser Regelung.

Schließlich hat die Beklagte durch den Umstand, dass sie dem Kläger eine „Widerrufsinformation“ erteilt hat, diesem nicht ein Angebot auf Einräumung eines (von den gesetzlichen Voraussetzungen unabhängigen) vertraglichen Widerrufsrechts unterbreitet.

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

  • 506 Zahlungsaufschub, sonstige Finanzierungshilfe (Absatz 1 in der Fassung vom 20. September 2013; Abs. 2 in der Fassung vom 29. Juli 2009)

(1) Die Vorschriften der §§ 358 bis 360 und 491a bis 502 sind mit Ausnahme des § 492 Abs. 4 und vorbehaltlich der Absätze 3 und 4 auf Verträge entsprechend anzuwenden, durch die ein Unternehmer einem Verbraucher einen entgeltlichen Zahlungsaufschub oder eine sonstige entgeltliche Finanzierungshilfe gewährt.

(2) Verträge zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher über die entgeltliche Nutzung eines Gegenstandes gelten als entgeltliche Finanzierungshilfe, wenn vereinbart ist, dass

  1. der Verbraucher zum Erwerb des Gegenstandes verpflichtet ist,
  2. der Unternehmer vom Verbraucher den Erwerb des Gegenstandes verlangen kann oder
  3. der Verbraucher bei Beendigung des Vertrags für einen bestimmten Wert des Gegenstandes einzustehen hat.

Auf Verträge gemäß Satz 1 Nr. 3 sind § 500 Abs. 2 und § 502 nicht anzuwenden.

[…]

  • 495 Widerrufsrecht (in der Fassung vom 20. September 2013)

(1) Dem Darlehensnehmer steht bei einem Verbraucherdarlehensvertrag ein Widerrufsrecht nach § 355 zu.

[…]

  • 511 Abweichende Vereinbarungen (in der Fassung vom 29. Juli 2009)

Von den Vorschriften der §§ 491 bis 510 darf, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, nicht zum Nachteil des Verbrauchers abgewichen werden. Diese Vorschriften finden auch Anwendung, wenn sie durch anderweitige Gestaltungen umgangen werden.

  • 355 Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen (in der Fassung vom 20. September 2013)

(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.

(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.

Rechtsprechung

  • BGH Urteil VIII ZR 36/20 v. 24. 2. 2021

Stellt eine nicht angemessene Verzinsung eines Gesellschafterdarlehens eine vGA dar?

Das Finanzgericht Schleswig-Holstein (FG) hat in seinem Urteil vom 28.05.2020 (1 K 67/17) entschieden, dass ein auf einem Verrechnungskonto ausgewiesenes Darlehen, welches nicht oder nicht angemessen verzinst wird, eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) in Form einer verhinderten Vermögensmehrung darstellen kann.

Sachlage im Streitfall

Die Steuerpflichtige war eine GmbH, die in den Streitjahren 2014 und 2015 eine auf ihrem Verrechnungskonto ausgewiesene Forderung gegenüber ihrem beherrschenden Gesellschafter auswies. Die Forderung wurde unverzinst dem Gesellschafter überlassen.

Das Finanzamt (FA) setzte aufgrund der mangelnden Verzinsung jährliche verdeckte Gewinnausschüttungen an. Dafür legte das FA einen Zinssatz von 4,5 % zugrunde, auf den sich die Beteiligten in einem vorhergehenden Verständigungsverfahren zwischen FA und Steuerpflichtigen geeinigt hatten.

Gegen diese Festsetzung wendete sich die Klägerin mit der Argumentation, dass eine Verzinsung der Forderung nicht mehr erforderlich sei, da der gesetzliche Basiszinssatz negativ ist. Das FA wies jedoch die gegen die Festsetzung der vGAs eingelegten Einsprüche zurück, da die Nichtverzinsung der Forderung dem Drittvergleich nicht standhält. Gegenüber einem Dritten hätte ein ordnungsgemäßer Geschäftsführer eine angemessene Verzinsung gefordert.

Gegen diese Einspruchsentscheidung erhob die GmbH Klage vor dem FG.

Angemessene Verzinsung eines Gesellschafterdarlehens

Nach der Ansicht des FG führt auch die Nichtverzinsung einer Forderung zu einer vGA gem. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG, da nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) eine verhinderte Vermögensmehrung vorliegt. Für Darlehen auf Verrechnungskonten gelten dabei dieselben Voraussetzungen wie für separat vereinbarte Darlehen zwischen Kapitalgesellschaft und Gesellschafter.

Ein „ordentlicher und gewissenhafter“ Kaufmann würde ein Darlehen an einen fremden Dritten nicht zinslos überlassen, sondern stets eine bestimmte Verzinsung verlangen. Die mangelnde Verzinsung stellt somit eine verhinderte Vermögensmehrung dar.

Auch der von der Bundesbank festgelegte negative Zinssatz kann insoweit nicht maßgeblich sein, da als Orientierungsgröße für einen angemessenen Zinssatz maßgeblich ist, welcher bei einem Darlehen an einen fremden Dritten vereinbart worden wäre. Der jeweils angemessene Zinssatz ist dazu in regelmäßigen Abständen zu schätzen. Dementsprechend kann die Höhe für einen angemessenen Zinssatz nicht stets genau bestimmt werden. Er muss sich jedoch in einer bestimmten angemessenen Marge bewegen, die sich zwischen den banküblichen Habenzinsen und den banküblichen Sollzinsen befindet. Im Streitfall waren dies 0,14 % bzw. 9,41 %.

Der vom FA angesetzte Zinssatz i.H.v. 4,5 % erscheint dem FG daher in dem Streitfall angemessen zu sein. Die Annahme einer vGA in der vom FA festgesetzten Höhe ist somit nicht zu beanstanden.

Praxishinweis

Die vom Steuerpflichtigen gegen das Urteil des FG eingelegte Revision wurde aufgrund erheblicher praktischer Bedeutung zugelassen. Der BFH hat somit abermals über die angemessene Höhe der Verzinsung von Gesellschafterdarlehen zu entscheiden. Spannend wird die Entscheidung, da andere FGs von der o.g. Methode zur Ermittlung des angemessenen Zinssatzes Abstand genommen haben. Entsprechende Verfahren sollten somit bis zu einer Entscheidung des BFH offengehalten werden.

 

Christian Kappelmann, Steuerberater und Diplom-Finanzwirt

EuGH: Pkw-Privatnutzung nicht immer umsatzsteuerpflichtig?

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in einer aktuellen Entscheidung vom 20.01.2021 (Rs. C-288/19) dazu Stellung genommen, ob die Überlassung eines Pkw zur Privatnutzung zwingend der Umsatzsteuer unterliegt.

Sachverhalt im Besprechungsfall

QM, eine Verwaltungsgesellschaft mit Sitz in Luxemburg, stellte zwei ihrer Mitarbeiter jeweils ein Fahrzeug zur Verfügung; die Mitarbeiter haben ihren Wohnsitz in Deutschland und üben ihre Tätigkeit in Luxemburg aus. Die Fahrzeuge können auch für private Zwecke genutzt werden. Die Überlassung erfolgte für den einen Mitarbeiter kostenfrei, während QM dafür vom Gehalt des anderen Mitarbeiters einen jährlichen Betrag einbehielt. QM ist in Luxemburg steuerlich registriert. In Luxemburg unterlag die Überlassung der beiden Fahrzeuge nicht der Mehrwertsteuer und berechtigte auch nicht zum Abzug der in Zusammenhang mit den beiden Fahrzeugen gezahlten Vorsteuer. Später ließ sich QM in Deutschland umsatzsteuerlich registrieren und meldete hinsichtlich der Überlassung der Fahrzeuge steuerpflichtige sonstige Leistungen zur Umsatzsteuer an. Allerdings legte QM gegen die Umsatzsteuerfestsetzungen im Zusammenhang mit ihren Meldungen erfolglos Einspruch ein. Das Finanzgericht des Saarlandes setzte das Verfahren aus und legte es dem EuGH zur Vorabentscheidung vor.

Steuerbarkeit einer Dienstleistung

Einleitend stellt der EuGH fest, dass die Pkw-Nutzungsüberlassung eine Dienstleistung und keine Lieferung darstellt. Eine Dienstleistung wird „gegen Entgelt“ erbracht und ist somit steuerbar, wenn zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die vom Leistenden empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte Dienstleistung bildet. Dies ist dann der Fall, wenn zwischen der erbrachten Dienstleistung und dem erhaltenen Gegenwert ein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Ein solcher unmittelbarer Zusammenhang kann sich in den Beziehungen zwischen einem Arbeitgeber und seinem Arbeitnehmer durch einen Teil der Barvergütung konkretisieren, auf den der Arbeitnehmer als Gegenleistung für eine Leistung des Arbeitgebers verzichten muss. Im Besprechungsfall ist von einer Fahrzeugüberlassung auszugehen, wenn der Mitarbeiter dafür weder eine Zahlung leistet noch einen Teil seiner Barvergütung verwendet und auch nicht nach einer Vereinbarung zwischen den Parteien zwischen verschiedenen vom Steuerpflichtigen angebotenen Vorteilen gewählt hat. Somit kann nach Ansicht des EuGH diese Leistung nicht als eine Dienstleistung gegen Entgelt eingestuft werden.

Ferner kann nach Ansicht des EuGH eine Dienstleistung, die in der Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands für den privaten Bedarf des Steuerpflichtigen, für den Bedarf seines Personals oder allgemein für unternehmensfremde Zwecke besteht, nicht einer Dienstleistung gegen Entgelt gleichgestellt werden, weil der betreffende Gegenstand nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt hat. Im Besprechungsfall unterlag QM in Luxemburg dem vereinfachten Besteuerungsverfahren, in dessen Rahmen kein Vorsteuerabzug im Zusammenhang mit dem einem Mitarbeiter ohne Gegenleistung überlassenen Fahrzeug geltend gemacht werden konnte. Selbst wenn ein solcher Anspruch auf Vorsteuerabzug in Deutschland entstanden wäre, kann jedoch die fragliche Fahrzeugüberlassung mit einer sich daraus dann ergebenden Dienstleistung gegen Entgelt jedenfalls nicht als steuerpflichtige Dienstleistung eingestuft werden.

Gleichstellung mit einer Vermietung eines Beförderungsmittels bei unentgeltlicher Überlassung

Nach Ansicht des EuGH liegt auch keine einer Vermietung eines Beförderungsmittels gleichzustellende Überlassung vor. Ein einer Dienstleistung gegen Entgelt gleichgestellter Umsatz kann keine „Vermietung eines Beförderungsmittels“ darstellen. Denn eine Vermietung setzt voraus, dass der Eigentümer des Beförderungsmittels dem Mieter gegen die Zahlung eines Mietzinses für eine vereinbarte Dauer das Recht überträgt, das Beförderungsmittel zu benutzen und andere davon auszuschließen. Die fehlende Vereinbarung eines Mietzinses kann nach Auffassung des EuGH nicht dadurch ersetzt werden, dass im Rahmen der Einkommensteuer die private Nutzung des dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands als ein quantifizierbarer geldwerter Vorteil und somit in gewisser Weise als ein Teil der Vergütung angesehen wird, auf die der Begünstigte als Gegenleistung für die Zurverfügungstellung des fraglichen Gegenstands verzichtet hat. Der Begriff des Mietzinses zum Zweck der Umsatzbesteuerung kann nicht im Wege der Analogie ausgelegt werden, indem ihm ein geldwerter Vorteil gleichgestellt wird. Vielmehr ist erforderlich, dass ein in Geld zu entrichtender Mietzins geleistet wird. Diese Voraussetzung kann im Fall einer kostenfreien Nutzung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands nicht erfüllt sein.

Gleichstellung mit einer Vermietung eines Beförderungsmittels bei entgeltlicher Überlassung

Diese Einordnung kann laut dem EuGH anders sein, wenn das Fahrzeug einem Nichtsteuerpflichtigen durch einen Steuerpflichtigen im Rahmen dessen Unternehmens entgeltlich zur Verfügung gestellt wurde und es sich um ein „Beförderungsmittel“ handelt. Dabei ist es unerheblich, ob die QM Eigentümerin des Fahrzeugs ist und es gleichwohl vermieten konnte, insbesondere, weil sie über das Fahrzeug im Rahmen eines Leasingvertrags verfügen kann. Gleichgültig ist zudem, dass die Überlassung des Fahrzeugs nicht Gegenstand eines vom Arbeitsvertrag getrennten Vertrags war und dass die Mietdauer zeitlich nicht genau begrenzt ist, sondern vom Bestehen des Arbeitsverhältnisses zwischen QM und ihrem Mitarbeiter abhängig ist. Dies gilt so lange, wie die Dauer der Überlassung 30 Tage übersteigt. Erforderlich ist jedoch, dass zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine „wirkliche Vereinbarung“ über die Dauer des Nutzungsrechts sowie über das Recht, den Gegenstand zu benutzen und andere von ihm auszuschließen, vorhanden ist. Zudem erfordert diese Voraussetzung nicht, dass es dem Steuerpflichtigen unmöglich sein muss, die Fahrzeugnutzung zu dienstlichen Zwecken vorzugeben. Erforderlich ist aber, dass das Fahrzeug dem Mitarbeiter dauerhaft auch für seinen privaten Bedarf zur Verfügung bleibt. Diese Auslegung leitet der EuGH daraus ab, dass die Besteuerung nach Möglichkeit an dem Ort erfolgt, an dem die Gegenstände verbraucht oder die Dienstleistungen in Anspruch genommen werden; dabei handelt es sich um den Ort, an dem der Nichtsteuerpflichtige, dem das Fahrzeug vermietet wird, ansässig ist oder seinen Wohnsitz bzw. seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat.

Praxishinweis

Der EuGH hat eine wichtige Unterscheidung für die Umsatzbesteuerung der Pkw-Überlassung getroffen: Die Überlassung eines dem Unternehmen des Steuerpflichtigen zugeordneten Fahrzeugs an dessen Arbeitnehmer ist nur steuerbar, wenn es sich um eine Dienstleistung gegen Entgelt handelt und der Arbeitnehmer gegen Zahlung eines Mietzinses für eine vereinbarte Dauer von mehr als 30 Tagen dauerhaft über das Recht verfügt, das Fahrzeug zu privaten Zwecken zu benutzen und andere davon auszuschließen, oder wenn ein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Künftig wird es wohl auf eine nähere Prüfung der vertraglichen Vereinbarungen ankommen, um die umsatzsteuerliche Behandlung entsprechend den Vorgaben des EuGH richtig umzusetzen. Es bleibt abzuwarten, wie die deutsche Finanzrechtsprechung und die Finanzverwaltung diese Grundsätze umsetzen werden.

RA und StB Axel Scholz, FA für Steuerrecht und FA für Handels- und Gesellschaftsrecht

Rechtsprechung

  • EuGH Urteil C-288/19 v. 20. 1. 2021

Steuerliche Behandlung privater Veräußerungsgeschäfte über eBay

Mit Urteil vom 17.06.2020 (X R 18/19) hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass auch der Verkauf von Wirtschaftsgütern, welche ohne Veräußerungsabsicht angeschafft worden sind, auch über einen längeren Zeitraum über eine Onlineplattform keine gewerblichen Veräußerungen darstellt.

Sachlage im Streitfall

Der Kläger erzielte in den Streitjahren 2010–2012 Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus einem Internetshop für Modelleisenbahnen und Zubehörartikel. Im Rahmen einer Umsatzsteuersonderprüfung wurde beanstandet, dass er in diesen Jahren ca. 1.500 Verkäufe über die Internetplattform eBay nicht in der Gewinnermittlung seines Gewerbebetriebs berücksichtigt hatte.

Laut dem Kläger handelt es sich bei diesen 1.500 Artikeln um Bestandteile seiner für private Zwecke aufgebauten Sammlung, die nicht vor dem Hintergrund eines späteren Verkaufs angelegt wurde. Aus dem Verkauf dieser Artikel wurde jedoch das Startkapital für den Internetshop finanziert.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage gegen die geänderten Steuerbescheide zurück.

Der BFH gab der gegen das Urteil des FG eingelegten Revision jedoch statt und wies die Verhandlung an das FG zurück.

Abgrenzung zur gewerblichen Tätigkeit

Bei der Beurteilung, ob Wirtschaftsgüter dem Gewerbebetrieb oder der privaten Vermögenssphäre zuzuordnen sind, ist zunächst zu prüfen, für welchen Bereich die Gegenstände ursprünglich angeschafft wurden. Der BFH verwies die Rechtssache an das FG zurück, um zu überprüfen, mit welcher Absicht die Wirtschaftsgüter angeschafft worden sind.

Sollte die Modelleisenbahnsammlung, wie vom Kläger bisher dargestellt, für den privaten Bereich angeschafft worden sein, ist weitergehend zu prüfen, ob die Gegenstände im Wege einer Einlage zwischenzeitlich Gegenstand des Betriebsvermögens geworden sind.

Wurden die Wirtschaftsgüter weder mittels einer Einlage noch mit einer betrieblichen Absicht angeschafft, ist in einem dritten Prüfungsschritt zu betrachten, ob die Verkaufstätigkeit mit dem Gewerbebetrieb in direktem Zusammenhang steht. Private Sammler können zwar „wie ein Händler“ aktiv werden, allein die Verwendung einer auch von gewerblichen Händlern genutzten Internetplattform begründet jedoch noch keine gewerbliche Tätigkeit.

Diese Prüfungsschritte wurden nach der Auffassung des BFH nicht vollständig seitens des FG durchgeführt, weswegen das Verfahren zur weiteren Prüfung wieder an das FG zurückverwiesen wurde.

Praxishinweis

Allein die Nutzung der Plattformtechnik begründet jedoch noch keine Einordnung in die gewerbliche Tätigkeit. Die nun erstmals für ertragsteuerliche Zwecke von der Rechtsprechung angewendeten Grundsätze verlangen, dass die Tätigkeit über die reine private Vermögensverwaltung hinausgeht. Als Maßstab ist dazu stets die Verkehrsanschauung heranzuziehen.

Insbesondere in Grenzbereichen, wie z.B. dem Verkauf privater Artikel über denselben Account und dasselbe Internetportal, sollte die Abgrenzung von Privatverkauf und betrieblichen Veräußerungen verdeutlicht und ebenfalls gut dokumentiert werden, um spätere Rückfragen des Finanzamts direkt beantworten zu können.

Rechtsprechung

  • BFH Urteil X R 18/19 v. 17. 6. 2020